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Talk // Katrin Knauth über Yin Yoga & die asiatische Yoga-Szene

15. März 2016
Katrin Knauth

Die Berliner Yogalehrerin Katrin Knauth hat sich in den letzen Jahren stark auf Yin Yoga spezialisiert und fährt jährlich nach Hong Kong, um sich fortzubilden. Ihre Workshops sind immer ausgebucht, denn ihre Art, Yin Yoga zu vermitteln ist eine ganz besondere. Ich traf sie zum Gespräch.

Wie war deine erste Begegnung mit Yoga?

Eher unaufgeregt. Zum ersten Mal zum Yoga hat mich mein Bruder Mitte der Neunziger Jahre in das Berliner Iyengar Yogastudio am Rosenthaler Platz mitgenommen. Richtig Yoga-Feuer  habe ich erst in Vietnam gefangen. Dort bin ich Narelle Nixon begegnet, die mich täglich unterrichtet hat. Es waren gar nicht so sehr die Asanas, die mich beeindruckt haben, sondern ihre Authentizität und ihr offenes Herz.

Du hast lange in Vietnam gelebt. Warum?

Ich wollte nach meinem Studium nach Asien gehen und habe Vietnam gewählt, weil mich das Land schon länger interessiert hat. Als ich in Hanoi ankam, wusste ich sofort, dass es die richtige Entscheidung war. Wenn man soweit weg von zu Hause ist, erlebt man sich selbst noch intensiver. In einer anderen Kultur gestaltet sich der Alltag völlig anders. Das hat mich offener und gelassener gemacht.

Du hast dich auf Yin Yoga spezialisiert. Was gefällt dir daran?

Einfach alles: die Ruhe, das Ankommen bei mir, das Eintauchen in meinen Körper. Die Möglichkeit, mich intensiv zu spüren – auf körperlicher, geistiger, energetischer und emotionaler Ebene. Die Gelegenheit, in Ruhe zu reflektieren. Was will ich eigentlich in meinem Leben? Wo braucht es mehr Gelassenheit, Geduld oder Akzeptanz? Mittlerweile passiert bei mir im Yin Yoga viel mehr als im aktiven Yoga.

Katrin Knauth

Kann jeder Yin Yoga üben?

Auf jeden Fall. Wir sollten es auch. Während uns aktives Yang Yoga Kraft und Stabilität gibt, schenkt uns Yin Yoga körperliche Flexibilität. Im Yang Yoga arbeiten wir mit den Muskeln. Im Yin Yoga ist das ein anderer Ansatz: Wir dehnen unsere Faszien, also das Bindegewebe, die Sehnen und Bänder. Durch das Dehnen stimulieren wir die Meridiane und bringen so unsere Lebensenergie Qi zum Fließen. Jemand, der sehr stark in seinem Yang ist, braucht mehr Yin zum Ausgleich. Und andersherum genauso. Das sollte man je nach Tagesform entscheiden.

Wie sieht deine spirituelle Praxis aus?

Es ist eine Achtsamkeits-Praxis. Das übe ich nicht nur zu einer bestimmten Tageszeit. Ich versuche es, jeden Moment zu praktizieren. Wie kann ich mein Leben dankbarer, aufmerksamer und zufriedener gestalten? Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um? Welchen Impulsen folge ich? Was passiert, wenn ich meine innere Mitte verliere? Sich stetig darum zu bemühen und sich bewusst wahrzunehmen, kostet Mühe.

Welche(r) Yogalehrer(in) fasziniert dich?

Ich bin gerade von einem Yin Yoga Teacher Training mit Jo Phee aus Hong Kong zurückgekommen. Ihre Art und Weise Yin Yoga zu unterrichten, fasziniert mich sehr und hat mir noch mal die Augen geöffnet, dass es im Yoga nie um die äußere Form gehen sollte, sondern immer nur darum, was wir dabei spüren.

Du bist gerade aus Hong Kong wiedergekommen, inwieweit unterscheidet sich die Yoga Szene zu unserer?

Sie ist ehrgeiziger als unsere. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Schüler gleich mehrere Yogaklassen hintereinander besuchen. Zeit ist in Hongkong knapp, Wohnraum eng. Auch aus der Asana-Praxis will das Meiste herausgeholt werden. Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist anders als bei uns. Ich habe bei den Schülern mehr Gehorsamkeit und Demut gegenüber den Lehrern beobachtet.

Was bringt dich auf die Palme?

Da ich ein relativ entspannter Mensch bin, dauert das etwas. Immer wenn ich mich geärgert habe, stelle ich fest, dass es völlig unnütz war. Aber wenn es etwas gibt, was mich an anderen wirklich stört, ist es Unzuverlässigkeit.

Wofür gibst du zu viel Geld aus?

Für Reisen, wobei ich das nie bereue. Ich suche mir nie den billigsten Flug oder das günstigste Hotel aus, sondern das, womit ich mich am meisten wohl fühle. Das Reisen fordert einen ja auch und da brauche ich immer einen guten Rückzug. Aber mir ist das lieber als ständig etwas Neues für die Wohnung oder Klamotten anzuschaffen.

Katrin Knauth

Womit kann man dich um den Finger wickeln?

Das können und wissen meine beiden Töchter am besten. Und sie setzen es zielgerichtet ein.

Was war das Verrückteste, was du je gemacht hast?

Keine einfache Frage, aber ich würde mal sagen: Mit 25 Jahren nach Vietnam ziehen und Vietnamesisch lernen, war schon ziemlich verrückt damals.

Wenn du jetzt sofort in den Flieger steigen könntest, wo würdest du hinreisen?

Immer nach Hongkong. Und endlich mal nach Tokio. Da will ich schon so lange hin. Und in den Bhutan.

Welche drei Bücher kannst du uns empfehlen und warum?

Das posthum veröffentlichte Tagebuch Spiel mit dem Schicksal von Tiziano Terzani, in dem er über seine Zeit in China, Japan und Indien schreibt. Seine Liebe zu Asien kann ich sehr gut nachvollziehen. Die Yoga-Biografie von Indra Devi  The Goddess Pose  habe ich regelrecht verschlungen. Wer gern mehr über Yin Yoga wissen möchte, dem lege ich Insight Yoga von Sarah Powers und The Complete Guide to Yin Yoga von Bernie Clark ans Herz.

Danke, Katrin!

Wer Katrin Knauth mal live erleben möchte, sie gibt am 10. April ihren nächsten Yin Yoga Workshop. Ich werde auch dort sein.

Mehr Infos dazu gibt es hier www.yogaelements.de

xxx Madhavi

Fotos: Lidia Tirri

Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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