Column

Madhavi & das Leben // Über Glück, Freiheit und Intention

30. April 2016
Madhavi Guemoes

Ich sitze noch leicht dösig von der Nadabrahma Meditation auf meinem Bett, habe wagemutig das Fenster weit geöffnet, die Sonne strahlt in mein Gesicht. Ich denke nach. Das Leben ist kein Spaziergang. Doch verdammt, wer hat das denn behauptet? Gestern sah ich schon wieder eine dieser glücksversprechenden, seichten Magazine. Sie heißen alle etwas mit Glück. Glück sells. Manche suchen das Glück wie andere eine neue Elefantenart. Muss Glück blumenreich sein? Wo fängt Glück an, wo hört es auf? Was würde passieren, wenn keiner mehr danach sucht? Vielleicht ist das Glück so nah, und wir sind einfach viel zu angespannt, weil wir Angst haben, in unserer gebatikten Ernsthaftigkeit, es zu verpassen. Stattdessen suchen wir immer nach Fehlern. Finden sie. Glück ist nicht hier. Es muss weitergezogen sein. Vielleicht sind wir auch so auf das Glück fixiert, dass wir gar keinen inneren Raum mehr haben, es einzuladen?

Ich habe keine Ahnung wie man es wirklich richtig macht, mit dem Glück. Mir fällt nur auf, wenn ich regelmäßig meditiere und auf die Yogamatte steige, dass mich das ratzfatz zufrieden macht. Mehr brauche ich dann nicht. Eintauchen in eine Welt, die so frei und friedvoll ist. Klar, sind da auch ab und zu trübe Wolken, es wäre Unfug, das Gegenteil zu behaupten.

Ich glaube, dass der Schlüssel zum Glück in der Intention steckt, die wir setzen. Was nützt es uns, emsig Yoga zu praktizieren, im Lotussitz zu meditieren, die Mantren schallend mitzugrölen, wenn wir keine Intention haben? Ohne Intention ist die spirituelle Praxis nur heiße Luft. Mit einer Intention üben wir Yoga in den kleinen und großen Dingen des Lebens, nicht nur in einer schönen Yogabüx auf der pinken Yogamatte.

Wenn ich mit einer Intention in den Tag starte, gebe ich ihm eine Richtung. Ich kann mich jeden Tag aufs Neue entscheiden. Möchte ich glücklich sein, oder mich dem Schmerz hingeben? Entscheide ich mich für Glück, was mir immer näher liegt, gebe ich mir einen Ruck, habe gleich erhebende Gedanken. Dabei geht es gar nicht darum, ob das Glück jetzt zu mir strömt. Allein schon mit der Entscheidung bin ich vollends zufrieden. Der Geist folgt der Intention. Wie bei einer Affirmation.

Muster durchbrechen

Gestern bekam ich mehrere Kommentare zu meinem Soami Artikel, darunter auch welche, die leicht verletzend ausgerichtet waren. Letztes Jahr hätte mich das sicher aufgewühlt, ich habe eine zarte Seele. Doch habe ich mich nur kurz geschüttelt, das war’s. Meine Intention ist: Ich gebe Liebe Raum. Demnach gab es in meinem Kopf auch keinen fiesen Film, der abgespult wurde, nur, weil jemand mich oder meine Arbeit nicht mag. Das ist für mich ein wunderbarer Glücksmoment, wenn ich merke, dass ich alte Muster durchbrechen kann.

Auch bei schmerzhaften Erfahrungen, in Momenten, die uns schwindelig machen vor Traurig- oder Fassungslosigkeit, können wir einen Funken des Glücks wahrnehmen: Nämlich, dass wir unfassbar lebendig sind und fühlen können. Was wir dann damit machen, liegt in unserer Hand. Und das ist gut so!

P.S. Eine Intention kann man natürlich auch einfach so am Morgen setzen, wenn man mit Yoga nichts am Hut hat!

Schönes Wochenende!

#staytrue

Madhavi

Foto © Helen Meyer
Madhavi Guemoes
Madhavi Guemoes dachte mit 15, dass sie das Leben vollständig verstanden habe, um 31 Jahre später zu erkennen, dass dies schier unmöglich ist. Sie arbeitet als freie Autorin, Aromatherapeutin, Podcasterin, Bloggerin und Kundalini Yogalehrerin weltweit und ist Mutter von zwei Kindern. Madhavi praktiziert seit mehr als 30 Jahren Yoga - was aber in Wirklichkeit nichts zu bedeuten hat.
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  • Lotte
    30. April 2016 at 9:45

    Liebe Madhavi,
    ich liebe es deine spritzigen Artikel, die voll Liebe und Hingabe durchzogen sind oder voll Freude über neu entdeckte Dinge sprühen, zu lesen. In den Beschreibungen deiner Gefühle und Gedanken kann ich mich wiederspiegeln und fühle in der ein oder anderen Situation mit dir mit. Ich fühle mich berührt und dankbar deine Worte zu lesen. Schmunzelnd denke ich oft; du hast recht. Das warme Gefühl im Herzen nehme ich dann immer mit in den Tag.

    Ich danke dir, dass es dich gibt und du deine Erfahrung mit uns teilst.
    Ich wünsche dir auch ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße
    Lotte

  • Madhavi Guemoes
    30. April 2016 at 9:54

    Liebe Lotte, danke für Deine lieben Worte am Morgen! Hab ein feines Wochenende! Liebe Grüße, Madhavi

  • Wiebke
    30. April 2016 at 9:56

    Hallo Madhavi, es macht immer Freude deine Artikel zu lesen! Yogabüx – herrlich!! Danke auch für Deinen Bericht über Deinen Aufenthalt im Soami Retreat Center. Bin total inspiriert. Werde nächstes Jahr selbst 40 und hätte große Lust mir ein Geburtstagsgeschenk zu machen und dort hinzureisen. Und ab jetzt setze ich mir eine Intention! Danke für die Bereicherung!!

  • Madhavi Guemoes
    30. April 2016 at 9:57

    Oh, Wiebke, das ist das größte Geschenk, das Du Dir machen kannst! Es lohnt sich zu sparen. Danke! Liebe Grüße, Madhavi

  • Mrs. Mohntag
    30. April 2016 at 10:32

    Ein sehr schöner, inspirierender Artikel. Ich mache mir tatsächlich auch viele Gedanken über das Thema Glück und wieso manche Menschen das anders empfinden als vielleicht ich. Ich persönlich tue mich zum Glück nicht schwer Glück in vielen kleinen Dingen zu finden. An Intention habe ich noch nie gedacht, es ist aber ein sehr schöner Ansatz.

  • Sandra
    30. April 2016 at 10:32

    Liebe Madhavi, danke für deinen Artikel und auch den vorangegangenen über das Retreat. Ich übe seit Februar wieder (fast täglich) am Morgen Yoga, sofern es das Baby zulässt. Herrlich!! Ja es stimmt, wenn wir uns für eine Intension entscheiden spannen wir unseren Leitfaden für den Tag. Wenn ich miese Gedanken habe ziehen die sich wie klebriger Kaugummi durch den Tag.

    Mir tut es gut mit mir selbst zu sein, Glück bedeutet zB. Zeit in der Natur verbringen, Zeit für leckeres Essen, Zeit für Tagträume..überhaupt mehr Zeit statt Zeug! In diesem Sinne alles Liebe, Sandra

  • Kathrin
    30. April 2016 at 10:52

    Wunderbar…. Ich glaube, wir alle haben „das Glück“ längst in uns, nur hinschauen müssen wir, vor allem fühlen, annehmen. Dann können wir auch mit denen besser umgehen, die so gerne um sich schlagen. Was für ein Glück, dass wir sprühen und strahlen und uns erlauben glücklich zu sein.
    Mach weiter so liebe Madhavi <3

  • Dana
    30. April 2016 at 11:03

    Liebe Madhavi, du hast so recht und es klingt so wunderbar leicht – und doch ist es so schwer sich an eben genau diese Leichtigkeit zu erinnern, wenn man sich selbst im Hamsterrad anpeitscht!

    Wie unangemessen die dabei empfundene Hetze und das vermeintliche fehlende Glück tatsächlich in Wirklichkeit sind, erlebe ich jede Woche wieder, wenn ich eine liebe Freundin von mir treffe.
    Sie hat 2 Kinder mit besonderen Bedürfnissen, einen psychisch belasteten und seit einiger Zeit abwesenden unzuverlässigen Kindsvater, keine Familie, kein Auto, eine immer wieder schimmelige Wohnung, bekommt wahnsinnig wenig finanzielle Zuwendung vom Kindsvater und vom Staat, arbeitet auf der Intensivstation erlebt dort Mobbing und viel Stress, fährt ihre Kinder jeden einzelnen Tag bei Wind und Wetter zu vielen Hobbies und zahlreichen vom Munde abgespartenTherapien, besonderen Schulen, Freunden u.s.w. mit dem Fahrrad durch die ganze Stadt…und wenn ich mich z.B. jammernd über den Stress und über das Wetter beklage, nachdem ich mit meinem schönen, warmen, bequemen Auto am Spielplatz angekommen bin, antwortet sie mir lächelnd: „ach, du, aber ich habe doch das große Glück das Leben und das Wetter spüren zu können – das haben die meisten meiner Patienten nicht mehr!“

    Und so radelt sie lächelnd und tief tief glücklich vorbei an hupenden Autos, meckernden Passanten, jammernden wohlhabenden Muttis mit ihren Kindern im Fahrrad durch das Schietwetter und erfreut sich an ihrem wirklich verdammt harten Leben!

    Diese Frau ist eine Heldin! Und wenn für sie das Glück so leuchtend hell auf der Hand liegt – dann ist es wohl tatsächlich immerzu da!

    Seien wir uns unserem tatsächlichen Glück nur ein wenig mehr bewusst.
    Und lassen wir die doofen unangenehmen Dinge doch ein bisschen mehr einfach sein, ohne uns um ihre Eliminierung wie verrückt zu bemühen.
    Atmen wir ein bisschen öfter ein bisschen tiefer aus und schauen wir ein bisschen häufiger die schönen Dinge bewusst an.
    Dann werden wir ganz sicher sehen und spüren: wir sind schon die ganze Zeit sehr sehr glücklich!

    Lassen wir der Liebe mehr Raum!

    In diesem Sinne, schreib noch ganz viel weiter so – das ist ganz herrlich!

  • Tina
    30. April 2016 at 11:10

    Liebe Madhavi,
    wirklich ein sehr schöner Artikel und ein guter Ansatz. Unsere Gedanken machen den Unterschied und ich bin auch davon Überzeug dass man durch Intentionen die man am Morgen setzt seinen Tag und „das Glück“ entscheidend beeinflussen kann.

    #highvibes

    Tina

  • Katja
    30. April 2016 at 11:25

    Hallo Madhavi, der Artikel über das Soami war sehr schön geschrieben, so schön, dass ich mir zunächst das Buch bestellen werde bei Hildegard Biller und auch direkt nach Terminen auf der Seite für Yoga Retreats etc. geschaut habe … vielleicht ist für die Leutchen, die Dich gestern verletzen wollten mit ihrer Kritik/ihren Äußerungen – ich habe es noch nicht gelesen – genau diese Absicht deren Affirmation für den gestrigen Tag gewesen?? „Heute verletze oder beleidige ich jemanden!“ … natürlich eher unbewusst?! ;-))

    Klingt jetzt etwas „strange“, ist aber leider oft so … und das spiegelt auch schließlich nur deren eigene Unzufriedenheit etc. mit sich, ihrem eigenen Leben oder ihrem aktuellen „Sein“ wieder 🙂

    Meine Meinung dazu! Dir ein entspanntes Wochenende!

  • Ross Pamela
    30. April 2016 at 12:20

    sehr wundervoll zusammengefasst… <3

  • Carolin
    30. April 2016 at 15:09

    Liebe Madhavi,

    das berührt mich, was & wie du’s schreibst! Intention hat wirklich Kraft in sich und lässt uns Glück erfahren, das denk ich auch.
    Wenn ich morgens im Bett liege, spür ich kurz nach: „Was ist mir heute wichtig?“ Manchmal ist es Klarheit, dann wieder entspanntes, fokussiertes Sein, oder auch schlicht immer wieder Freudemomente zu kultivieren. Innezuhalten und sich zu fragen: „Wofür lebe ich?“
    Danke für deine klaren, klugen und manchmal auch kecken Worte;-)!

    Herzlich, Carolin

  • Madhavi Guemoes
    30. April 2016 at 20:43

    Danke für Deinen lieben Kommentar! Grüße, Madhavi

  • Madhavi Guemoes
    30. April 2016 at 22:54

    Es gibt schon bemerkenswerte, kraftvolle Frauen, an denen wir uns immer wieder ein Beispiel nehmen können. Danke für’s Teilen, Dana! Grüße, Madhavi

  • Melanie
    1. Mai 2016 at 12:33

    Liebe Madhavi,
    Deine Texte berühren mich, ich freue mich immer sehr wenn es etwas Neues von dir zu lesen gibt! Aber mehr noch als der Text fasziniert mich heute das Foto von dir, ich will gar nicht wegschauen, du strahlst so wunderschön!!
    Liebste Grüße,
    Melanie

  • Helena Feldmeier
    1. Mai 2016 at 18:31

    Liebe Madhavi,

    das Thema Glück und Yoga erinnert mich an meine Diplomarbeit „Yoga als Ressource für ein ge-glück-tes Leben“ vor einigen Jahren;)
    Ein spannendes Thema! Es beschäftigt mich immer noch und immer wieder.

    http://yogafuersleben.de/Eigene_Arbeiten_files/diplomarbeit.pdf

    LG und Servus aus München
    Helena

  • Madhavi Guemoes
    2. Mai 2016 at 17:42

    Ah, Du Liebe, danke!!!